Marie Kahle: Courage zeigen

soziales Lernen und Ehrenamt

Erziehung zu sozialer Verantwortung, zu Engagement für sich und Andere ist ein wesentlicher Bestandteil unserer schulischen Arbeit. Schwerpunkte liegen beim Ehrenamt, im Buddy-Prinzip und in der Peer-Education, besonders aber in der Auseinandersetzung mit unserer Namensgeberin Marie Kahle.

Ziel in der Beschäftigung mit Marie Kahle und der Zeit des Nationalsozialismus ist es, die Schülerinnen und Schüler zu einer toleranten, weltoffenen und prinzipiell nicht-rassistischen Grundhaltung zu erziehen und dadurch auch ihr Zusammenleben miteinander positiv zu beeinflussen. Die Auseinandersetzung mit historischen und gesellschaftspolitischen Fragen wird so gefördert.

Im Bereich des Ehrenamts kooperieren wir mit Care Deutschland-Luxemburg e.V. – die mit dem Care Paket. Care bedeutet „sich kümmern, sich einsetzen“ und kennzeichnet eine Haltung zu Menschen, die wir als Schule teilen, nämlich die Grundannahme, dass jeder Mensch mit Hilfestellung in der Lage ist, sein Leben zu gestalten und selbst zu entscheiden.

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Jeder Mensch wird stark, wenn er andere stark macht. Dies ist eine grundlegende Erfahrung, die jeder Heranwachsenden an dieser Schule machen.

Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen und gleichzeitig zu wissen, dass andere auch Verantwortung für mich übernehmen, macht das Zusammenleben in unserer Schulgemeinde aus.

Marie Kahle


Aus der Vergangenheit lernen,
Gewalt und Intoleranz keine Chance geben!

Marie Kahle trat in einem totalitären Regime für Respekt und ihre Überzeugung ein. Ihr Mut kostete sie ihre Heimat und ihre Gesundheit. Das Schicksal von Marie Kahle und ihrer Familie führt auch heute zu den aktuellen Fragen zur Zivilcourage und Ausgrenzung. Die Schülerinnen und Schüler des ersten Jahrgangs unserer im Jahre 2009 eröffneten Schule waren auf Anhieb beeindruckt von der mutigen Bonnerin, die sich nach der Pogromnacht im November 1938 beherzt an die Seite ihrer jüdischen Nachbarn stellt und dafür selbst Opfer von Verfolgung wurde.

„Diese Frau passt gut zu uns“, sagt Renée Adolf, inzwischen Schülerin der Klasse 9. „Marie Kahle steht für unsere Schulprinzipien, vor allem für Respekt“. „Wir haben in den letzten beiden Jahren viel über Marie Kahle erfahren. Und über die Ungerechtigkeit damals, dass Menschen verfolgt wurden, weil sie Juden waren“, ergänzt ihr Klassenkamerad.

In enger Kooperation mit der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus gestalten die Schülerinnen und Schüler regelmäßig Thementage, an denen sie sich mit der in der Dauerausstellung dokumentierten Lebensgeschichte der Familie Kahle auseinander setzten und – leider wieder brandaktuell – sich mit Neonazis und ihren Methoden auseinandersetzen.

Marie Kahle: Erinnern lohnt sich

Marie Kahle wurde am 6. Mai 1893 in Dahme bei Berlin geboren. 1917 heiratete sie Paul Kahle, einen bekannten Professor der Universität Bonn. Nach dem Novemberpogrom am 10. November 1938 half Marie Kahle zusammen mit ihren fünf Söhnen verfolgten jüdischen Freunden und Bekannten. Am 12. November 1938 wurde sie zusammen mit ihrem ältesten Sohn Wilhelm von einem Polizisten dabei beobachtet, wie sie der jüdischen Geschäftsfrau Emilie Goldstein in der Kaiserstraße beim Aufräumen ihres Miederwarengeschäftes half.

Wenige Tage später, am 17. November 1938 erschien im Lokalteil des „Westdeutschen Beobachters”, der nationalsozialistischen gelenkten Tageszeitung, ein Schmähartikel unter der Schlagzeile „Das ist Verrat am Volke. Frau Kahle und ihr Sohn halfen der Jüdin Goldstein bei Aufräumungsarbeiten”. Der Artikel berichtete über die Hilfe der Familie Kahle für die jüdische Ladenbesitzerin und prangerte deren Mitleid an:

„Diese Frau und ihr Sohn (…) blieben aber auch nicht nur abseits stehen, nein, sie stellten sich an die Seite der Juden und halfen ihnen, gegen ihr eigenes Volk, die Wirkung der Volksempörung abzuschwächen. Sie haben damit bewusst den größten Feind des nationalsozialistischen Deutschlands mit Rat und Tat unterstützt. Sie taten das, weil sie ‚alte Kunden der Juden’ sind. Dafür trifft sie die ganze Verachtung der  deutschfühlenden Bonner Bevölkerung und die Verurteilung des ganzen deutschen Volkes.“

In den folgenden Wochen und Monaten stand die ganze Familie unter dem wachsenden Terrordruck der Nationalsozialisten in Bonn. Schon am Tage der Veröffentlichung des Zeitungsartikels wurden die Kahles in ihrem Haus in der Kaiserstraße angegriffen: Die Fenster im ersten Stock wurden zertrümmert, auf Plakaten bezeichnete man sie als „Volksverräter” und „Judenfreunde”.

Wilhelm Kahle wurde Anfang Dezember vom Universitätsgericht wegen des eines Studenten unwürdigen Verhaltens mit der Entfernung von der Hochschule, verbunden mit Nichtanrechnung des Semesters bestraft und damit vom Studium an jeder anderen deutschen Universität ausgeschlossen. Die drei jüngeren Söhne wurden in der Schule gehänselt und angepöbelt, der jüngste von seinen Mitschülern mit Steinen vertrieben.

Der Ehemann Marie Kahles, Professor Paul Kahle, erhielt zunächst vom Rektor der Universität ein Hausverbot und wurde vom Dienst suspendiert. Doch in Bonn wurde der Terror gegen die Familie Kahle fortgesetzt. Marie Kahle wurde von der Gestapo vorgeladen und musste sich einige Tage im Kloster der Benediktinerinnen in Bonn-Endenich verstecken. Als die Gestapo Marie Kahle mit der Einweisung in ein Konzentrationslager drohte, reifte Anfang 1939 der Entschluss zur Flucht aus Deutschland. Marie Kahle bereitete die Flucht vor und brachte im April 1939 ihre Familie über verschiedene Wege nach England. Marie Kahle starb 1948.

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